Korfiotisches Kaffee-Tagebuch: Angelókastro

Wie kaum ein anderes Bauwerk auf Korfu verkörpert die „Engelsburg“ vor allem eine Aussage: „Wir sind hier und ihr nicht!“. Hat man sich durch Lakónes durchgequetscht hat man schon nach der ersten Kurve einen Blick auf Angelókastro, eine Festung, die sich an den Gipfel eines steilen Felsen krallt, wie ein Adler seine Fänge in den Nacken eines jungen Lamms.

Vorher streifen wir noch den neueren südlichen Teil von Makrádes, ein Stück Straße, dass wie ein verlassenes Westerndorf aussieht. Wären hier nicht mehrere „Supermärkte“ mit Tonnen von Badetüchern, Sonnenölen, Tauchermasken, Flossen, Luftmatratzen, bunten Tüchern, Sonnenbrillen und allerlei sonstigem Krimskrams, den man gutgläubigen Touristen aufs Auge drücken kann. Wo die auf einmal herkommen sollen erschließt sich einem nicht. Hier allerdings teilt sich die Straße, rechts geht es an Makrádes vorbei zu den Küstenorten ganz im Norden, scharf links durch das Örtchen Kríni und schließlich zur Burg.

Ich stelle den Roller am Burgcafé ab. Über eine steinerne Treppe geht es hinauf in die Festung. Ich keuche schon ohne schwere Rüstung. Wie das ein Ritter gemacht haben will ist mir ein Rätsel. Wohl mit ein Grund dafür, dass Angelókastro vielen Angriffen standhalten konnte.

Glaubt man antiken Sagen, dann stand irgendwo hier bereits zu Odysseus‘ Zeiten hier ein Palast – wir kommen noch darauf zurück – ideal wäre der Platz in jedem Fall gewesen. Mit dem Fund zweier bearbeiteter frühchristlicher Steinplatten lässt sich eine Anlage aus frühbyzantinischer Zeit belegen. Eine besondere strategische Bedeutung kam der Festung im 11. Jahrhundert zu: Byzanz hatte seine Besitzungen in Süditalien verloren und Korfu war mithin Außengrenze!

Als die Kreuzfahrer 1204 Byzanz zerschlugen, wechselte die Burg nun häufig den Besitzer. Im Jahr 1267 nisteten sich die Angevins von Neapel auf der Insel ein und beanspruchten offiziell die Burg. 120 Jahre später übernahmen die Venezianer die Anlage und freuten sich über ihren guten Zustand. Das Kastell erfreute sich während der Venezianischen Herrschaft bis 1797 signifikanter Bedeutung, weil es einerseits der einheimischen Bevölkerung ein Refugium vor Eroberern wie den Türken und den Genovesern bot und zum Anderen die Kontrolle des Schiffsverkehrs in der Adria zuließ, was ein Hauptanliegen der Republik Venedig war.

Im 19. Jahrhundert hatte sich die Waffentechnik soweit entwickelt, dass Festungen dieser Art an Bedeutung verloren. Auch Angelókastro ereilte dieses Schicksal, so dass die Festung schließlich aufgegeben wurde und dem Verfall preisgegeben wurde. Erst 1999 wurde mit der Restaurierung der Burg begonnen. Somit wird sie im momentanen Zustand erhalten.

Auch, wenn von der Festung nur noch Ruinen stehen, von ihrer beeindruckenden Wucht hat sie kaum etwas eingebüßt. Ein wenig spürt man den großen Einfluss, den Angelókastro auf die Entwicklung der Insel gehabt haben muss. An zwei Seiten wird die Burg alleine durch schroff abfallende Felsen geschützt. Auch vor der Burg gab es Wehranlagen und Quartiere, von denen heute nur noch Grundmauern stehen. Einen Eindruck von der einstigen Größe vermitteln sie doch.

Zu Füßen der Burg steht heute ein Café, dass sich an den rauhen Fels schmiegt, mit Blick wahlweise hinauf auf die Festungszinnen oder hinab auf die Klippen, wo sich die Wellen der See zischend und grollend brechen. Zeit für einen Frappé – was sonst – und der ist fast so fotogen, wie Angelókastro.

 

Als nächstes besuchen wir ein Kafenio in einem verschlafenen, kleine Ort: Makrádes

4 Gedanken zu “Korfiotisches Kaffee-Tagebuch: Angelókastro

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