Bosnischer Kaffee-Moment: der erste Kaffee auf bosnischem Boden

Die Sonne kündigt sich an, wenn der Bus auf der E70 an Zagreb vorbeifährt, sie erklimmt die Berge im Osten etwa bei Nova Gradiška und taucht bei Slavonski Brod das weite Tal der Save in goldenes Morgenlicht. Beinahe unwirklich taucht die Festung Brod aus dem Morgennebel auf, ein Relikt aus einer Zeit, als nördlich der Save die Österreichisch-Ungarische Monarchie das Sagen hatte und südlich der Save das Osmanische Reich lag. Ein sternförmiger Ziegelbau, der sich über 141 Morgen Land erstreckt, früher große kaiserliche und königliche Grenzfestung aus dem Zeitalter des Barock mit Platz für 4.000 Mann und 150 Kanonen, heute ein Lost Place.

Strategisch günstig liegt die Festung an der einzigen Brücke über den Fluss weit und breit. Erst passiert man den Grenzposten in Slavonski Brod, also auf kroatischer Seite, dann geht es über die Save nach Bosanski Brod zum bosnischen Grenzübergang. Genau genommen betritt man dort die Republika Srpska, zwei zersplitterte Regionen, die die Föderation Bosnien und Herzegowina umklammern. Die Einschusslöcher an den Häusern, die auf bosnischer Seite bis heute sichtbar sind, verweisen auf die traurige Rolle der Stadt während des Balkankrieges. Und so verwundert es wenig, dass die Eroberer aus Bosanski Brod zeitweise Srpski Brod machten. In einem Urteil des bosnischen Verfassungsgerichts von 2004 wurden diese und andere ethnisch motivierte Umbenennungen für verfassungswidrig erklärt. Seitdem wird Brod ohne Zusatz verwendet was so viel wie Furth bedeutet.

Die, bereits während der Auseinandersetzungen mehrfach angegriffene, Brücke über die Save wurde während des Bosnien-Krieges von beiden Seiten gesprengt und erst im April 2000 durch kroatische und ungarische Firmen wieder aufgebaut. Nach dem Bosnienkrieg war die Stadt wie ausgestorben, erst durch den Wiederaufbau der Brücke erwachte sie zu neuem Leben. Doch zerbombte Häuser prägen noch heute die Stadt und zerstörte Dörfer das Land entlang der Straße nach Doboj.

Der Grenzer ist gut gelaunt, die Einreise nach Bosnien gelingt diesmal relativ schnell. Da waren die Grenzübertritte nach Slovenien und Kroatien zeitraubender. Bei meiner ersten Reise gehörte Kroatien noch nicht zur EU, doch jetzt als EU-Außengenze nimmt man die Kontrollen gerade von Bussen von und nach Bosnien gerne sehr genau. Dagegen ist die letzte Grenze schon fast so etwas wie heimkommen. Der Grenzer grüßt freundlich, geht einmal durch den Bus und überfliegt die ihm hingehaltenen Pässe. An den anderen Grenzen mussten wir alle aussteigen und am Schalter vorbeiparadieren.

Jetzt geht es noch zur Tankstelle, nicht zur nächsten, zu Vidić Petrol, einer modernen Rastanlage in Rot mit ebenso modernem Restauran, sondern zu Nestro Petrol, einer in die Jahre gekommenen Tankstelle in grün-gelb und schmutzigem Weiß zwischen Stadtrand und Nirgendwo an der M14.1. Hier einen Bosnischen Kaffee zu bekommen ist das geringste Problem.

Durchatmen! Der größte Teil der Reise ist geschafft! Jetzt geht es noch über Doboj, Zenica und Visoko nach Sarajevo, der Hauptstadt, die heute genau so geteilt ist, wie das ganze Land. Der erste Bosnische Kaffee und die erste Drina, eine bosnische Zigarette, dann ist es Zeit wieder aufzusitzen. Trotzdem ist der erste Kaffee auf bosnischem Boden ein wichtiges Ritual. Nicht nur für mich, sondern auch für zahlreiche Mitreisenden. Wurde ich bisher vielleicht noch etwas misstrauisch beäugt, nach dem bosnischen Kaffee und der Runde Drina, die ich am Tisch schmeiße, gehöre ich plötzlich mit dazu. Ein Grund, weshalb ich dieses Land so liebe…

In diesem Beitrag klären wir die Frage: Warum eigentlich der Balkan, Herr Tom? Und nicht nur das: es wird auch erzählt, wie und warum ich vor vier Jahren mit dem Blog Coffeenewstom angefangen habe!

Jetzt einen Bosnischen Kaffee?

Sehr gerne! Lass uns zusammen einen bosnischen Kaffee-Moment erleben! Wenn Dir mein Beitrag gefällt, dann freue ich mich über ein Savet, ein Trinkgeld.

1,70 €

8 Gedanken zu “Bosnischer Kaffee-Moment: der erste Kaffee auf bosnischem Boden

  1. Bosnien und der Krieg, in meiner Wahrnehmung sind die beiden Dinge untrennbar miteinander verbunden. Als kleines Kind saß ich immer daneben, wenn meine Großeltern den Fernseher einschalteten und die Bilder von zerbombten Städten über den Bildschirm flimmerten. Um diese Wahrnehmung zu ändern, müsste ich das Land sehen wie es heute ist. Ich bin mir sicher, dass das Land seinen eigenen Charme hat und es schade wäre, es nur auf den Krieg zu reduzieren. Die Balkanregion reizt mich unheimlich, einfach weil es nicht auf der typischen „Touristenkarte“ steht. Deshalb lese ich deine Kaffee-Beiträge auch so gerne 🙂

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    1. Viele von uns hat damals besonders erschüttert, dass so ein blutiger und grausamer Krieg in Europa möglich ist! Vieles wurde inzwischen erneuert oder renoviert, aber es gibt bis heute viele Stellen, an denen die Kriegsnarben noch sichtbar sind: verlassene und zerstörte Dörfer, zerbombte Häuser, Einschusslöcher an den Fassaden. Ein Aufbauprogramm, wie in Deutschland nach dem Krieg, fehlte und fehlt. Aber die sichtbaren Kriegsschäden dürften nichts sein im Vergleich zu den für uns meistens unsichtbaren Verwundungen der Seelen…

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