Kaffeemitbringsel aus dem Sommerurlaub

In einem Straßencafé an der Piazza Bra neben dem Kolosseum von Verona. Wir atmen die warme Frühlingsluft, blinzeln in die Sonne und beobachten wie Kräne die Dekoration zu Verdis Nabucco von Lastern abladen. Einige Kinder spielen, ein Hund bellt, als römische Zenturien verkleidete Studenten lassen sich mit Touristen fotografieren. Am Nebentisch unterhalten sich Italiener. Der melodiöse Singsang ihrer Sprache mischt sich mit den Geräuschen der belebten Stadt. Es riecht nach Flieder, Pizza und Kaffee. Ja, genau dieser Kaffee in genau diesem Café an der Piazza vor dem Kolosseum ist der beste, den wir jemals getrunken haben. Den müssen wir unbedingt für zuhause haben.

Daheim angekommen erleben wir eine Enttäuschung. Haben wir uns geirrt? Schmeckt der Kaffee gar nicht so gut, wie wir dachten? Oder hat uns der Verkäufer betrogen und uns am Ende minderwertige Ware untergeschoben? Nichts von alledem. Aber daran, dass uns gerade dieser Kaffee so gut geschmeckt hat, waren so viele verschiedene Faktoren beteiligt, dass sich das Ergebnis am heimischen Resopaltisch in der Küche kaum reproduzieren lässt. Es fehlen die Piazza, das Kolosseum, die warme Frühlingsluft, die Sonne, die Kräne, die spielenden Kinder, der bellende Hund, die Legionäre, die Geräuschkulisse, die Italiener, Flieder, Pizza, ja selbst der unwirsche Kellner – typisch italienisch halt! – und die nervigen Touristen, die wir in unserer Erinnerung des perfekten Kaffees verdrängt haben. Und außerdem ärgert uns die Nachzahlung der Kaffeesteuer in doppelter Höhe, nachdem uns der Zöllner mit 20 Kilo Kaffee aufgebracht hat und wir es ihm nicht glaubhaft darlegen konnten, dass wir einfach nur kaffeesüchtig sind und das unser Eigenbedarf ist.

Lohnt es sich denn gar nicht, wenn wir uns selber Kaffee aus dem Urlaub mitbringen? Tatsächlich spricht einiges dagegen. So, wie wir unseren goldenen Moment erlebt haben, werden wir ihn daheim nicht nacherleben können. Schon alleine der Umstand, dass wir im Urlaub sind, dass wir gerade neues erleben, sorgt dafür, dass wir auch den Kaffee intensiver schmecken. Klima, Luftdruck und Umgebung tun ihr Übriges. Gegen den Zukauf von zehn oder 20 Kilo Kaffee spricht außerdem, dass die Bohnen über die Zeit an Aroma verlieren. Auch finanziell kann sich der Urlaubskaffee schnell als teuer herausstellen. So zahlen wir in Italien beispielsweise zwar keine Kaffeesteuer, dort liegt die Mehrwertsteuer dafür bei 22% – statt bei 7% daheim. Da braucht man kein Rechengenie zu sein um zu erkennen: das lohnt sich nicht!

Es gibt aber trotzdem Gründe sich Kaffee aus dem Urlaub mitzubringen! Mit geringem Aufwand lässt sich nämlich unser Urlaubsfeeling doch zumindest ansatzweise wiederherstellen. Ich nehme mir gerne verschiedene Produkte mit, die mir woanders besonders gut geschmeckt haben: Kaffee, Tütensuppen, exotische Softdrinks oder Kekse. Wenn ich sie dann daheim konsumiere, bringe ich mich gedanklich wieder in den Urlaub zurück. Beispiel gefällig? Selten schmeckt der Kaffee so gut, wie in der kleinen Kafana Behar in der Altstadt von Sarajevo. Für daheim waren erst einmal Anschaffungen von etwa 50 Euro notwendig, davon 35 Euro für ein Set mit Kupferkännchen, Tassen und Tablett. Der Rest geht für einen kleinen Kaffeevorrat, Lokum und Würfelzucker drauf – bosnischer Würfelzucker schmeckt anders!

Zuhause stelle ich mir einen Tisch und einen Stuhl in die Sonne auf den Balkon, koche mir meinen bosnischen Kaffee und arrangiere alles so, wie es in der Altstadt Sarajevos gewesen wäre. Wenn ich dann die Augen schließe, dann bin ich, wenigstens für Minuten, wieder im Urlaub. Funktioniert übrigens mit später beim türkischen Gemüsehändler nachgekauftem Kaffee genauso – nur der Würfelzucker muss original sein! Man kann sich also mit Kaffee aus dem Urlaub eine Freude machen. Nur im richtigen Rahmen muss es bleiben.

Bildrechte: Coffeenewstom.

3 Gedanken zu “Kaffeemitbringsel aus dem Sommerurlaub

  1. Ein Träumchen ist alleine schon der Gedanke an Verona und wird Zeit, dass auch ich diese wunderschöne Stadt, vor allem die noch ausstehende Oper Nabucco in der Arena di Verona wieder mal besuche. 😊

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  2. Genau aus den von dir oben erwähnten Gründen bringe ich mir keine Souvenirs zum Verzehr aus dem Urlaub mit. Da fehlt so vieles; zu Hause mag der Geschmack der gleiche sein, doch unsere Sinne sind nicht geschärft wie dort, unsere Augen sehen den Alltag und unser Kopf ist mit Gedanken woanders. Doch eine Ausnahme gibt es, und zwar… eben Kaffee. Hier geht es nicht darum, das Erlebte zu reproduzieren, sondern einfach geilen Kaffee zu trinken. So habe ich mir aus Bosnien Kaffee aus dem Supermarkt mitgebracht. Ganz ohne Zubehör. Und ja, er ist lecker. Es ist natürlich nicht das gleiche und es wird nie das gleiche sein. Aber sei es drum.

    Ein weiterer Grund könnte die Wasserqualität sein. Der Geschmack von Kaffee verändert sich je nach Härtegrad und Zusammensetzung des heimischen Wassers. Das konnte ich selbst kaum glauben, aber wie ist es sonst zu erklären, dass Kaffee, der mir zu Hause schmeckt, auf dem Hotelzimmer in Saarland so la la ist? 🙂

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    1. Wasserfilter können helfen. Oder stilles Wasser aus der Flasche. Tatsächlich ist das stille Wasser von Lidl erschwinglich und in Baristakreisen beliebt… Das passende (Koch-) Geschirr erhöht den Erinnerungswert!

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