Auf einen Kaffee mit Michael Graeter

Zugegeben, es ist schon eine ganze Weile her, dass ich mit Michael Graeter einen Kaffee trinken durfte. Er hatte damals sein Café Extrablatt in der Leopoldstraße und ich hatte meine Schule in der Nähe und zweimal die Woche Nachmittagsunterricht. Die Wartezeit überbrückte ich bei einem Stück Kuchen und einem Cappuccino im Extrablatt. Beides zusammen kostete damals 5,20 Mark und ich gab immer 5,50 Mark. Ich war ja Schüler und mehr Trinkgeld konnte ich mir nicht leisten.

Die Kellner kannten mich schon und einmal fiel ich auch Herrn Graeter auf, da ich wohl nicht zum üblichen Gastklientel gehörte. Er fragte, ob er sich dazu setzen könnte und als ich bejahte fragte er mich warum ich mir gerade das Extrablatt als Stammcafé ausgesucht hätte. Am Ende unserer Unterhaltung sagte er mir er hätte sich sehr über das Gespräch gefreut und ich bräuchte diesmal nicht zu bezahlen. Er lud mich also ein.

Ob sich Herr Graeter noch an diese Begegnung erinnert bezweifle ich. Ich bin ihm dann viele Jahre später noch einmal in der Redaktion der Abendzeitung begegnet, als er sein Manuskript kurz vor dem Andruck vorbei brachte. Ich habe darauf verzichtet zu versuchen an unsere frühere Begegnung anzuknüpfen. Für mich ist Michael Graeter bis heute einer der ganz Großen des deutschsprachigen Journalismus. Boulevard und Klatsch funktioniert nur dann, wenn er fachlich kompetent umgesetzt wird. Seine Geschichten leben von den Insider-Informationen, an die eben nur ein Graeter herankommt. Die Beschaffung wird die meisten Mühen in Anspruch nehmen, die man – Dank seiner lockeren Schreibe – dem fertigen Text nicht mehr anmerkt. Aus Klatsch aber Lesestücke zu schaffen, die die Leute nicht müde werden zu lesen und aus dem Banalen die Sensation herauszufiltern , das ist die wirklich hohe Kunst.

 

Bildrechte: Marco2811/Fotolia.com

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