Kretisches Kaffeetagebuch: das Knossosland des Arthur Evans II – der Palast

Wie viele Sagen aus alter Zeit, so enthalten auch die über Knossos ein Körnchen Wahrheit. Historisch gesehen bezeichnen der Bau des Palastes und die Entstehung des Mythos um König Minos einen Wendepunkt in der kretischen Geschichte. Die Minoer hatten vermutlich eine matriarchale Kultur und beteten möglicherweise eine Erd-, Vegetations- und Fruchtbarkeitsgöttin an. Bei Darstellungen weiblicher Gottheiten werden sie oft als Herrinnen der Menschen, Tiere und Pflanzen und aller Ereignisse auf dem Land und auf dem Meer gezeigt. Überliefert sind Namen wie Britomartis, Diktyna, die zum Diktigebirge gehört, oder Potnia, was schlicht Herrin bedeutet. Nachgewiesen ist die Verehrung der Eileithya, die gebärenden Frauen Beistand leistet, in Knossos.

Der Mythos des Königs Minos symbolisiert für manche Forscher den Übergang dieser matriarchalen Kultur zu der patriarchalen Kultur der viehzüchtenden Nomaden. Fast zeitgleich übernehmen auch männliche Götter den Olymp. Poseidon übernimmt die Geschicke im Meer, Zeus löst die Verehrung der Muttergöttin Rhea ab. Zum Zeus-Mythos kehren wir später noch einmal zurück. Nach neuerer Forschung leitet sich der Begriff Labyrinth möglicher Weise von dem lydisch-griechischen Wort Labrys für Doppelaxt – ein immer wiederkehrendes Symbol im Palast von Knossos – oder als Lehnwort aus dem Altägyptischen, mit der Bedeutung „Palast am See“ ab. Dann wäre das Labyrinth der Palast selbst.

Der Palast von Knossos wurde zwischen 2100 und 1800 v. Chr. am Ort der neolithischen Besiedlung errichtet. Knossos war besonders groß, reich und prächtig. Wie fast alle Paläste Kretas wurde Knossos zwischen 1750 und 1700 v. Chr. durch ein schweres Erdbeben zerstört, jedoch bald wieder aufgebaut. Auf den Fundamenten der alten Paläste wurden neue, noch aufwendigere errichtet. Knossos erfuhr seine größte Blüte und entwickelte sich zum führenden kretischen Stadtstaat, vermutlich das religiöse und politische Zentrum der Insel. Ob später ein weiteres Erdbeben der Minoischen Kultur den Gar ausmachte, oder ob sie von mykenischen, archaischen oder dorischen Einwanderern abgelöst wurde, ist heute ebenso Gegenstand der Forschung war, wie die erst vor wenigen Jahrzehnten aufgeworfene Frage, ob nicht Santorini, wie bisher angenommen, eine Kolonie Kretas war, sondern umgekehrt Kreta eine vom unter Umständen höher entwickelten Thera und ob ein apokalyptischer Vulkanausbruch beiden Kulturen den Gar ausgemacht hat.

Der jüngste Palast von Knossos entstand als Gebäudeensemble mit bis zu fünf Stockwerken mit einer umbauten Fläche von 21.000 m² auf einer lichten Fläche von 2,2 ha. 800 Räume sind nachweisbar, doch dürfte der Palast insgesamt bis zu 1300 besessen haben. Der Palast war zu keinem Zeitpunkt befestigt. Er ist, wie alle Palastanlagen der Minoer, um einen rechteckigen Zentralhof von 53 × 28 m errichtet. Aus vier Richtungen kommen verwinkelte, vergleichsweise schmale Gänge, reich dekorierte Korridore, bemalte Säle, aufwendig gestaltete Treppenhäuser und säulenumstandene Galerien auf diesen Hof zu. Die Anlage war Verwaltungszentrum und enthielt zahlreiche Werkstätten. Später zerstörten mykenische Eroberer in Knossos alles, was ein weiteres Erdbeben von etwa 1400 v. Chr. verschont hatte. Ein Feuer, das mehrere Tage gewütet haben muss und dem Holz und Öl zusätzliche Nahrung gaben, zerstörte um 1370 v. Chr. die obersten Etagen.

Nach Ansicht von Archäologen hatte die Stadt im 16. Jahrhundert v. Chr. zwischen 10.000 und 100.000 Einwohner. Ausgegraben wurden Wohnräume mit Warmwasserheizung, Badezimmer mit Sitzbadewannen und Klosetts mit Wasserspülung. Nach dem großen Feuer wurde der Palast aufgegeben und erst während der Eisenzeit wieder besiedelt. Kurz vor Christi Geburt besetzten Römer die Insel Kreta und damit auch Knossos. Seither war die Stadt eine römische Kolonie unter dem Namen Colonia Iulia Nobilis. Sie bestand bis zum Ende des Altertums. Die griechische und römische Stadt lag in unmittelbarer Nähe des Palastes, doch ist sie nur zu einem kleinen Teil ausgegraben worden.

Morgen geht es um die Ausgrabung des Palastes und die manchmal etwas eigenwillige Gestaltung durch Arthur Evans.

Quellen: Wikipedia, Kurt Roeske „Kreta“.

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