Kretisches Kaffeetagebuch: Rethymno

Eigentlich ist es ja sträflich eine so schöne Stadt wie Rethymno so einfach und auf die Schnelle abzuhaken. Zur Entschuldigung sei vorgetragen, dass wir gerade aus einer Stadt mit einem hübschen venezianischen Hafen kommen, nämlich Chania, und auf dem Weg sind zu einer Stadt mit einem hübschen venezianischen Hafen. So betrachtet wäre Rethymno nur eine weitere Stadt mit einem weiteren hübschen venezianischen Hafen. Doch damit tut man Rethymno Unrecht.

Fangen wir noch einmal an: An der Nordwestküste von Kreta, zwischen Heraklion und Chania, liegt mit etwa 32.500 Einwohnern die drittgrößte Stadt der Insel. Rethymno, auch Rethymnon genannt, hat sich eine gewisse Ursprünglichkeit durch ihre historische Altstadt und den pittoresken alten Hafen samt Leuchtturm bewahren können. Zahlreiche Gebäude aus venezianischer und osmanischer Zeit zeugen von einer bewegten Vergangenheit und bilden heute einen interessanten architektonischen Mix, den es auf einem kleinen Rundgang zu entdecken gilt.

Praktischer Weise konzentriert sich fast alles sehenswerte auf die relativ überschaubare Altstadt. Wobei „überschaubar“ zugleich ein Euphemismus ist, ein Begriff, der übrigens aus dem Griechischen stammt, denn wir haben es hier mit einem Gewirr aus Straßen, Gassen und Gässchen zu tun, die immer wieder von lauschigen Plätzen und lauschigen Winkeln abgelöst werden. Wir beginnen unseren Rundgang im pittoresken Gassengewirr der Altstadt. Zahlreiche Fotomotive erwarten uns inmitten blumenberankter Hausfassaden. Nach wenigen Minuten gelangen wir an den Mikrasiaton Platz mit seiner wuchtigen Neratze Moschee.

Der Mikrasiaton Platz ist der größte Platz im historischen Zentrum von Rethymno und beherbergte in der Zeit des Bevölkerungsaustausches von 1923 die Geflüchteten aus Kleinasien. Ein Denkmal erinnert an das schicksalhafte Ereignis. Das auf dem Platz befindliche Gotteshaus mit seinen drei Kuppeln wechselte mehrmals seine Religionszugehörigkeit. In venezianischer Zeit – also zwischen dem 13. bis 17. Jahrhundert – wurde hier die katholische Kirche Santa Maria errichtet. Im 17. Jh. wandelten die Osmanen die Kirche in eine Moschee um und ergänzten um 1890 das noch heute erhaltene Minarett. Die Neratze Moschee wird heute für Veranstaltungen genutzt und ist für Besucher leider nicht zugänglich.

Ebenfalls verwehrt blieb uns der Zugang zur großen Fortezza, zur venezianischen Festung, da Ostermontag in Griechenland. Kein Haken also. Dafür war uns im vorbeigehen die venezianische Loggia, ein Relikt aus dem 17. Jahrhundert, einen Haken wert. Alle vier Seiten des einstöckigen quadratischen Bauwerks aus hellem Kalkstein sind von hohen Rundbogen-Portalen durchbrochen, die ihrerseits von beinahe ebenso großen Fenstern flankiert werden. Der repräsentative Bau diente dem venezianischen Adel seiner Zeit als Versammlungshaus und Debattierclub, heute werden hier teure Repliken kostbarer Antiken feilgeboten.

Die interessieren uns nicht, weshalb wir uns gleich dem Rimondi-Brunnen zuwenden. Die historische Fontäne mit ihren drei Löwenköpfen, korinthischen Säulen und Wasserbecken wurde 1626 vom venezianischen Bürgermeister Rimondi erbaut und diente zur Wasserversorgung der Stadtbewohner. Später überdachten die Osmanen den Brunnen mit einer Kuppel, die jedoch nicht mehr erhalten ist. Nicht jeden Tag sprudelt es aus der Fontäne – wir hatten Glück! – trotzdem ist der Rimondi-Brunnen DAS Insta-Motiv und wird deshalb regelmäßig von einer Schar selfiewütigen Touristen belagert. Dieses Foto ohne störende Mitmenschen ist daher eine besonders seltene Aufnahme, die Zeit und Geduld erforderte.

Drängeln wir uns nun zum venezianischen Hafen durch. Hier entdecken wir sogleich das Wahrzeichen von Rethymno, den Leuchtturm. Er ist mit etwa 9 m Höhe der zweitgrößte Leuchtturm auf Kreta und wurde 1830 in osmanischer Zeit unter ägyptischer Besatzung erbaut. Von hier aus bietet sich ein schöner Blick auf die Hafenmole mit ihren bunten Fischerbooten und pastellfarbenen Häusern im Hintergrund.

Dicht an dicht drängen sich hier die Tavernen aneinander, die Fisch und Meeresfrüchte anpreisen. Die pittoresken Fischerboote, die im fast kreisrunden Hafenbecken friedlich vor sich hindümpeln und ein kleiner Fischmarkt direkt an der Mole lassen auf besonders frischen Fisch schließen.

Dabei poppte bei uns die Frage auf, ob die Fischer Kretas in der Lage sind mit ihrem Fang die ganze Insel zu versorgen. Bis heute musste ich die Antwort schuldig bleiben. Vielleicht habt Ihr ja eine Idee dazu. Wenn ja, dann lasst es mich bitte wissen!

Unseren kleinen Rundgang beschließen wir an der Megali Porta. Der unauffällige Gewölbebogen zwischen zwei nahe beieinander stehenden Häusern ist das einzige erhaltene Stadttor Rethymnos. Hier, am Eingang zur Altstadt, beginnt die Einkaufsstraße Ethnikis Antistaseos, die uns geradewegs zurück zur Neratzes Moschee und vorbei am Rimondi-Brunnen zurück zu unserem Auto führen wird. Hier kehren wir aber noch in einer traditionellen Bäckerei ein, doch die ist einen eigenen Beitrag wert!

Quellen: ADAC-Reiseführer Kreta, greece-moments.com.

12 Gedanken zu “Kretisches Kaffeetagebuch: Rethymno

  1. Ich glaube schon das die Fischer die Insel versorgen könnten, wenn es dabei nur um die Einheimischen ginge.
    Der Tourismus dürfte allerdings nicht mir abgedeckt sein …

    Liebe Grüße
    Trude

    Gefällt 4 Personen

  2. 🙏🙏 es ist 32 Jahre her, als ich Kreta u genau diesen Landstrich besucht habe
    Das gleichnamige Crec Hotel las uns jeden Wunsch von den Augen an
    Dein Reisebericht u die Bilder, wecken in mir das Fernweh
    Offenbar steht noch alles – wie damals
    Mich brennst in meinen Kretaschuhen – fort mit der ….
    Lg
    Meggie

    Gefällt 3 Personen

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