Werfen wir doch einmal einen schnellen Bick auf die wechselhafte Geschichte Memmingens. Besiedelt wurde dieser Landstrich schon in der Steinzeit. Erste Baufunde stammen aus der Römerzeit. Vermutlich befand sich dort ein kleiner Wacht- und Siedlungsposten. Allerdings gingen die ältesten Dokumente zur Stadt in den Wirren der Zeit und durch die mehrmalige Zerstörung der Augsburger Bibliothek, in der diese vermutet wurden, verloren. Der Name Memmingen ist vermutlich auf einen Königshof bei der Siedlung des Mammo zurückzuführen. Im Laufe der Zeit verschwand die Siedlung und nur der Name blieb erhalten.

Durch die Salzstraße von Böhmen, Österreich und München nach Lindau und die Straße von Norddeutschland in die Schweiz und nach Italien erlangte der Handelsposten zunehmende Bedeutung. Erstmals erwähnt wurde der Ort Mammingin im Jahre 1128 in einer im Kloster Ochsenhausen verfassten Urkunde, in der die Verhandlung eines Streitfalles und ein Landtag von 1099 erwähnt werden. Daraus ist zu schließen, dass Memmingen für die Welfen bereits ein bedeutender Ort war.

Im Jahr 1158 wurde Memmingen durch Herzog Welf VI. zur Stadt erhoben. Nach dessen Tod ging 1191 die Stadt an den Staufer Konrad, den Bruder Kaiser Heinrichs VI. Der letzte Staufer, Konradin von Hohenstaufen, starb 1268 in Neapel. Damit fiel die Stadt an das Reich zurück, wurde 1286 durch den römisch-deutschen König Rudolf I. von Habsburg zur Freien Reichsstadt erklärt und damit direkt dem deutschen König unterstellt. Vom 14. bis zum 16. Jahrhundert war die Blütezeit der Reichsstadt. Dies zeigte sich vor allem in der regen Bautätigkeit, im Handel und im Aufblühen der Kultur.

Um 1400 entstand im Norden der Stadt auch eine neue Stadterweiterung, die Ulmer Vorstadt. Nach der Umwallung entstand als nördliches Ausfalltor das Ulmer Tor. Der Turm wurde erst 1445 endgültig ausgebaut. 1489 zog Maximilian I. als römisch-deutscher König in seine Reichsstadt Memmingen mit großem Gefolge durch das Tor ein. Ein Ereignis, dass auf den Mauern des Torturms bildhaft festgehalten wurde.

Der Oberschwäbische Haufen kam im Bauernkrieg mit 900 Mann durch das Tor in die Stadt und schrieb dort in der Kramerzunft die Zwölf Artikel nieder, die erste Menschenrechtserklärung der Welt. Als Wallenstein 1630 aus Ulm kommend die Stadt betrat, wurde er ebenfalls durch das Tor zum Fuggerbau geleitet. Die Schweden, Wallenstein in nichts nachstehen wollend, zogen 1634 auch durch das Niedergassentor in die Stadt und residierten ebenfalls im Fuggerbau.

Als die Kaiserlichen die Stadt 1647 wiederum belagerten und besiegten, zogen sie durch das Tor in die Stadt. 1702 verteidigte man erfolglos das Tor gegen die Bayern, es blieb jedoch unbeschädigt. Bei der letzten großen Belagerung und Einnahme der Stadt durch die Franzosen wurde nach deren Abzug das Tor von Österreichern besetzt. 1821 fiel die Torsperre. Seither fehlen die Zugbrücke und die Holztore.

Hier tauche ich wieder in die Altstadt ein. Der Bereich um das Ulmer Tor war schwer zu verteidigen, da die Ulmer Vorstadt sich wie eine Beule nach außen stülpte. Hier stand früher der „Lug ins Land“, der höchste Turm der Stadtbefestigung, von dem aus herannahende Feine schon von weitem erspäht werden konnten. Auch er fiel Napoleon zum Opfer, denn 1805 wurde Memmingen durch französische Truppen letztmals belagert und eingenommen, der Turm dabei zerstört.

Erhalten ist dafür der Bettelturm. Der Bettelturm wurde 1471 bei der letzten Stadterweiterung als Geschützturm erbaut. Mit der Erfindung des Schießpulvers und der Entwicklung von Kanonen, wurde diese Form der Verteidigung notwendig. Er diente vor allem dazu, den Einlaß und den Stadtgraben abzusichern. Woher sich der Name ableitet, ist nicht bekannt. Er diente im 19. Jahrhundert auch als Armenhaus. Hier begegnen wir auch der Memminger Ach, dem Stadtbach wieder.

Weit interessanter aber ist der Einlaß. Der Einlaß ist eine aus der Gotik stammende, aus Ziegeln gemauerte komplexe und mehrgliedrige Toranlage. Sie ist unverputzt und nur mit wenig Zierwerk versehen. Aufgrund seiner typischen schwäbischen Bauweise zählt es zu den schönsten erhaltenen Toren Deutschlands. Das Wächterstübchen und das Tor wurden trotz des Fehlens von elektrischem Strom und sanitären Anlagen noch bis vor ein paar Jahren von einer älteren Dame bewohnt.

Bereits bei der Umwallung der Ulmer Vorstadt konnten Fußgänger, die nach Torschluss eintrafen, durch ein Diemerstürlins genanntes Törchen eingelassen werden. 1475 baute man an dieser Stelle ein stattliches Eingangstor. Vor dem Einlaß befand sich der relativ breite, immer geflutete Stadtgraben. Erst wenn die Wachen keine Gefahr sahen, ließen sie die Zugbrücke gegen eine Gebühr herunter, um den Spätankommenden den Zutritt zum dahinterliegenden Zwinger zu gewähren.

Während Personen und mitgeführte Wagen durchsucht wurden, warteten auf dem Wehrgang städtische Soldaten, um einen eventuellen Angriff abzuwehren. Gegen eine weitere Gebühr wurde das Haupttor geöffnet, und gegen eine dritte Gebühr (auch Zoll genannt) wurden die Ankömmlinge untersucht. Erst als sie die Genehmigung zum Eintritt in die Stadt erhielten, gelangten sie in die Ulmer Vorstadt. Dort mussten sie warten, bis am nächsten Morgen das Notzentor geöffnet wurde, von dem aus sie in die Innenstadt gelangten.

Ich hatte Glück: das Tor war geöffnet. So konnte ich ungehindert passieren, nachdem ich mir den Bettelturm von Außen angesehen hatte. Morgen geht es noch zum Hexenturm und dann ins Innere der Altstadt…

Quellen: Wikipedia, memmingen.de, reise-idee.de