Von Mindelheim nach Memmingen ist es nur ein Katzensprung. Die frühere Reichsstadt ist Oberzentrum sowie Schul-, Verwaltungs- und Handelszentrum in der Region Donau-Iller, liegt ganz im Westen des Regierungsbezirks Schwaben und liegt direkt an der Grenze zu Baden-Württemberg. Die Ursprünge der Stadt reichen bis in die Römerzeit. Die Altstadt gehört mit ihren vielen Plätzen, Bürger- und Patrizierhäusern, Palästen und der Stadtbefestigung zu den am besten erhaltenen Städten Süddeutschlands.

Die Bahnfahrt dauert nur eine Kaffeelänge. So habe ich auch gleich genügend Energie für meine Tour. Mein Plan: im Uhrzeigersinn einmal um die Altstadt herum und dann von Norden ins Zentrum. Da der Bahnhof an der Ostseite der Altstadt liegt führen mich also mein ersten Schritte nach Süden. Hier treffe ich zum ersten Mal auf den Stadtbach, auch bekannt als Memminger Ach.

Bereits 1564 hieß es: „Durch Memmingen fließt ein Bach von reinstem Brunnenwasser“. Dies war sicher nicht mehr der Fall, nachdem die Ach die Stadt verlassen hatte, da gerade zu dieser Zeit der Fluss zur Müllentsorgung verwendet wurde. So wurden die Gerber- und Schlachtabfälle und anderer Müll mit der Memminger Ach aus der Stadt geleitet. Das hatte zur Folge, dass der Bach einmal im Jahr abgelassen werden musste, um den Unrat aus dem Bachbett zu räumen. Zwischen den Zünften wechselnd, durften jedes Jahr die Gesellen den Bach vorher leerfischen. Dies ist seit dem 16. Jahrhundert nachweisbar.

Ganz im Süden der Altstadt treffe ich auf das Kemptener Tor in der alten Wegbachsiedlung. Von diesem Tor ist ein Stück des ursprünglichen Wehrgangs der Hohen Wacht erhalten. Die Hohe Wacht in der südwestlichen Ecke der Stadtmauer war eine Artilleriestellung, auf die mittels einer nicht mehr erhaltenen Rampe Kanonen gezogen wurden. Im Inneren ist der im Jahr 2006 sanierte Wehrgang gut erhalten. Der tiefe Graben feldseitig verleiht der Stadt an dieser Stelle einen burgartigen Charakter.

Von allen Toren der zweiten Stadterweiterung hat nur das Kempter Tor seine ursprüngliche Gestalt bewahrt. Das schmale hohe Tor hat ein Satteldach. Auf der Südseite und auf der Innenseite trägt es im Giebel jeweils eine Uhr, flankiert von Reichsadler und Stadtwappen. Auf einer Ausbuchtung der Außenseite umrahmt das doppelte Stadtwappen ein kleines Fenster. Die Innenseite ist mit Ausnahme der Uhr rosa angemalt. Der Name ist ein Hinweis auf die Handelsbeziehungen zur Nachbarstadt Kempten.

Von hier folge ich dem Weg innen an der Stadtmauer entlang. So komme ich zur Roten Kaserne zwischen dem Soldatenturm und dem Lindauer Tor. Die Rote Kaserne ließ der bayerische Kurfürst Maximilian II. 1702 für die in Memmingen stationierten Soldaten an der westlichen Stadtmauer errichten, nachdem er die Stadt nach einer Belagerung eingenommen hatte. Das Gebäude ist ein zweistöckiger Fachwerkbau. In das zweite Stockwerk gelangt man über eine hölzerne, laubenförmige Außentreppe.

An der linken Seite schließt sich der Soldatenturm an. Als Rückwand dient die Stadtmauer. Heute sind in der Roten Kaserne Wohnungen untergebracht. Hier kann ich gut erkennen, wie die heutige Bausubstanz mit der des Mittelalters verschmilzt. An manchen Ecken – wie hier – kann man kaum zwischen Stadtmauer und Wohnraum unterscheiden, weil beides zusammengewachsen ist.

Auch die Stadtmauer selbst – wie hier am Fußgängerdurchgang – dient als Wohnraum. In diesem Fall sogar mit Blick auf den Kaisergraben. Der war früher ein Teil des Verteidigungssystems. Heute ist er allerdings einer der wenigen Parkanlagen in der Altstadt.

Von hier aus sind es nur wenige Schritte zum Lindauer Tor. Das westliche Ausfalltor wurde bereits 1371 im Rahmen der zweiten Stadterweiterung an der wichtigen Handelsstraße nach Lindau im Bodensee und in die Schweiz gebaut. Der hohe gotische Torturm mit seinem Satteldach fiel allerdings der Belagerung 1647 zum Opfer. Memmingen wurde im Dreißigjährigen Krieg neun Wochen lang von den kaiserlichen Truppen und den Bayern belagert, bis die schwedischen Verteidiger kapitulierten. Durch die fortwährende Beschießung wurde das Tor teilweise zerstört.

An der Westflanke der Memminger Altstadt gibt es aber noch ein zweites Tor, das Westertor. Sein Aussehen geht auf den Beschuss der Kaiserlichen im Dreißigjährigen Krieg zurück. Damals sah es ähnlich aus wie heute das Ulmer und das Kempter Tor. Auf dem rechteckigen Unterbau sitzt ein Achteckbau, ähnlich wie beim St.-Martins-Turm. Den Abschluss bildet eine welsche Haube.

Die Geschichte des Westertores beginnt mit der Stadtwerdung Memmingens. Bereits um 1150 wurde es erbaut und im 14. Jahrhundert durch ein hohes Satteldachtor ersetzt. Nach der Beschießung durch die kaiserlichen Truppen im Dreißigjährigen Krieg wurde es 1648 erneuert. 1660 wurde es in die heutige Form umgebaut.

An der Stadthalle wurde ein Teil der früher Stadtmauer neu errichtet. Die Ziegelmauer, die als letzte Stadterweiterung Mitte des 15. Jahrhunderts die „Ulmer Vorstadt“ umschloss, war die Achillesverse des Memminger Verteidigungsrings. Deshalb war es notwendig die Stadtmauer durch breite Gräben und befestigte Türme zu verstärken.

Von den Türmen aus dieser Periode stammt zum Beispiel der Schwalbenschwanzturm. Wo sich heute die Altstadt zur Stadthalle in ein wenig öffnet stand früher der Folterturm. Und auch der Mehlsackturm steht heute nicht mehr. Er wurde auf Befehl Napoleons abgebrochen. Morgen geht es mit dem Ulmer Tor am Nordende der Altstadt weiter.

Quellen: Wikipedia, memmingen.de, reise-idee.de.
Schöne Bilder von einer hübschen Stadt, die ich noch nicht kenne.
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Ein Besuch lohnt sich!
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