Nutzen wir die letzten Strahlen der Sonne um einen Blick auf die Römischen Bäder nahe Pythagorio zu werfen, die leider nicht direkt besucht werden können. Doch auch dieser Ort ist eng mit der Geschichte der Insel verbunden. Mit dem Tod des Königs von Pergamon Attalos im Jahr 133 v. Chr., ging Samos an Rom. Schon 129 v. Chr. besetzten die Römer Samos und etwa 84 v. Chr. gliederten sie die Insel in die Provinz Asia Minor ein. Nachdem der bewaffnete Widerstand mit den siegreichen Feldherren Sylla, Lucullus und Pompeius im Keim erstickt. Der Statthalter der neuen Herren, der Gouverneur Gaius Licinius Verres, tat sich vor allem als Plünderer hervor. Allerdings übertrieb er die persönliche Bereicherung so immens, dass ihm der berühmte Redner, Anwalt und Philosoph Marcus Tullius Cicero in Rom den Prozess machte.

Für die Rettung der Tempel auf Samos kam diese Maßnahme allerdings zu spät. Die Römer betrachteten sie eher als Steinbruch. So dienten die Tempel des Heraion aus Baumaterial für eine römische Siedlung auf dem Gelände. Allerdings bauten die neuen Machthaber auch an anderer Stelle. So entstand salopp gesagt ein Bäderparadies, dass in der antiken Welt seinesgleichen suchte. Die Bäder wurden an einen bereits bestehenden Sportkomplex aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. angebaut, der aus einem Wettkampfstadium (stadium), einer Ringkampfarena (palestra) und einem Sportplatz (gymnasium) bestand und der zu den größten der griechischen Antike gehörte. Um 40 v. Chr. sammelten sich vor der Küste von Samos die Flotten von Antonius und Kleopatra. So wie Plutarch berichtet, hatten sich in Samos Schauspieler, Musiker, Schriftsteller und Tänzer versammelt, die das berühmteste Liebespaar der Antike begleiteten. Die ganze Insel soll ein ausgedehntes Theater gewesen sein und ihre Bewohner lebten in einem anhaltenden Rausch.

Dabei soll es in der Bäderlandschaft durchaus sündig zugegangen sein – bis im 5. Jahrhundert die Christen kamen und dem Spaß im wahrsten Sinne des Wortes ein Ende bereiteten. In dieser Zeit wurde der nördliche Teil der Thermen zu einer Basilika umgebaut, wobei man den runden Saunabereich in ein Taufbecken umwandelte. Von der Basilika stehen heute nur noch drei Pfeiler, die Tria Dontia oder Tria Donda (drei Zähne), die aber einen Eindruck davon vermitteln, wie groß dieses Gotteshaus dereinst gewesen sein muss. Ein Teil der Grundmauern sind heute die Begrenzung des Parkplatzes eines Strandrestaurants. Von dem stattlichen Kirchenbau, der damals den Sieg über Heidentum und Lotterleben symbolisieren sollte, bleibt nurmehr die Erinnerung.

Ich nutze meinen Ausflug zu diesem historischen Ort im schwindenden Tageslicht für einen Strandspaziergang. Zum einen um die römische Bäderanlage auch von der anderen Seite zu sehen, zum anderen, um den Blick auf die Festung Logothetis im sanften Abendlicht zu genießen. Ein ganz besonderer Moment.
Quellen: Römer-Tour, insel-samos.net.