Wer sich heute in einer der zwei verbliebenen Filialen der Café-Conditorei Hölzl nieder lässt, der ahnt kaum, dass er sich in einem echten Münchner Familienbetrieb mit bewegter Vergangenheit befindet. Bereits 1919 investiert der Freisinger Bäckermeister Johann Hölzl sein gesamtes Vermögen um mit seinem Betrieb in die Schwabinger Augustenstraße zu ziehen. 1932 kam die Betriebsstätte in der Dachauer Straße 24 dazu, das heutige Stammhaus.
In der Blütezeit der Konditorei-Cafés in den 70er Jahren wuchs das Familienunternehmen auf zehn Filialen an. Heute ist davon – laut Webseite – nur noch das Stammhaus, die Conditorei-Cafés in der Hirschgarten Allee übrig. Zu den geschlossenen Filialen gehört die am Waldfriedhof, ein Ort für Fans alteingesessener Cafés, die an in die Jahre gekommene Kellnerinnen, in in die Jahre gekommener Kellnerinnen-Tracht, im in die Jahre gekommenen Ambiente ihre Freude haben. Das ist durchaus gar nicht despektierlich gemeint! Denn Café-Biotope wie dieses bieten älteren Damen mit Hut ihre letzten Rückzugsreservate und sollten von daher schon unter Bestandsschutz stehen. Tun sie leider nicht!
Gediegene Kaffeehausmöbel auf Marmorfußboden, eine verglaste Kuchentheke, die aus den 70gern stammen könnte und ein alter Buffetschrank, der nach Biedermeier aussieht, das war das schützenswert gewesene Ensemble im ersten Stock im Haus gegenüber der ehemaligen Trambahn-Wendeschleife am Waldfriedhof. Die Friedhofsnähe mag als Begründung dafür herhalten, wieso man auf dem Weg ins Café an einer Reihe Grabsteine vorbei musste. Absolut überzeugend war aber der Balkon, auf dem sich trefflich die Nachmittagssonne genießen ließ und ein gekonnt gemachter Cappuccino in einer Tasse, die aus der selben Epoche des bunten Geschmacks zu stammen scheint, wie die Theke. Schade, dass es dieses schöne Café nicht mehr gibt!