Es ist so weit! Lasst uns gemeinsam die erste Seite eines neuen Kapitels im großen Griechischen Kaffee-Tagebuch aufschlagen, genauer gesagt die erste Seite des nunmehr vierten Bandes – nach Kos und zwei Mal Korfu. Mancher Leser hat das Reiseziel vielleicht schon erraten. Dass es wieder Griechenland sein würde war ja irgendwie klar. Diesmal wurde es Samos, die Insel, auf der ich vor über 30 Jahren zum ersten Mal griechischen Boden betrat und wo ich vermutlich auch meinen ersten griechischen Kaffee getrunken habe.
Samos hat einen weit größeren Einfluss auf die griechische Kultur, als man heute vermuten könnte. Im klassischen Altertum lag sie auch nicht am Rande des griechischen Staates und der türkischen Küste am nächsten, sondern im Zentrum der ionischen Welt. Große Geister haben hier ihren Ursprung! Einigen von ihnen werden wir auf meiner Reise begegnen.

Samos ist die Insel der Hera. Der Sage nach war die Göttin hier am Ufer des Flusses Imbrasos unter einem Lygosstrauch – bei uns bekannt als Mönchspfeffer – geboren worden. Hier entstand in archaischer Zeit auch das größte Hera-Heiligtum. Kein Wunder also, dass der Göttervater Zeus auf Samos nur eine untergeordnete Rolle spielte: er durfte einmal im Jahr hier seiner Gattin bei einer heiligen Hochzeit beiwohnen, damit hatte er seine Schuldigkeit erfüllt, während sie nach einem Bad im Imbrasos dem Wasser wieder als Jungfrau entstieg. Noch ein anderer Gott erwies sich als wichtig für die Geschicke der Insel: Dionysos! Soll er doch höchstselbst hier den ersten Wein angepflanzt haben.
Schon seit dem Altertum führt Samos ob seiner Schönheit unzählige Beinamen: Anthemis, die Blühende, Pitioussa, die Insel der Pinien, Drioussa, die Insel der Eichen, Kyparissia, die Zypresseninsel, Phillas, die Laubreiche, Parthenia, die Jungfräuliche. Der Sage nach sollen hier urzeitliche Bestien so gebrüllt haben, dass ein Riss durch die Erde ging und die Insel vom Festland abgetrennt hätte. Tatsächlich gehört Samos zur kleinasiatischen Platte und wurde vermutlich ach einer Erdbeben- und Flutkatastrophe zur Insel. Auch fand man die Knochen von Elefanten, Giraffen und zahlreiche andere Fossilien.

Von Menschen besiedelt wurde die Insel bereits in der Jungsteinzeit. Ursprüngliche Völker wurden etwa 1400 vor Christus von einwandernden Minoern verdrängt und die wiederum etwa 700 Jahre später durch Ionier. Ein heute geradezu fantastisch anmutender Aufstieg der Insel begann: gestützt auf die größte Flotte in der Ägäis wurde Samos zur reichsten und mächtigsten Insel ihrer Zeit. Sie verfügte neben legendären Kriegsschiffen, den gefürchteten Samaina und Trieren des Polykrates, über eine starke Handelsmarine mit Verbindungen bis nach Ägypten und Spanien. Auch gründeten die Samioten dieser Zeit zahlreiche Kolonien im gesamten Mittelmeerraum, unter anderem in Italien.
Große Geister brachte die Insel hervor, wie den Tempelbaumeister Rhoikos, einer der führenden Ingenieure seiner Zeit und sein nicht minder begnadete Kollege Theodoros, einem Universalgenie, der Erfinder bahnbrechender Neuerungen, wie der Wasserwaage, dem Winkelmaß, dem Schlüssel, dem Bronzehohlguß und einer speziellen Drehbank, auf der die tonnenschweren Säulenbasen für die Tempel gefertigt werden konnten. Unter den Denkern der Insel finden sich neben dem Mathematiker, Philosophen und Religionsstifter Pythagoras auch Epikur, einem der höchstangesehen Ethiker seiner Zeit und schließlich Aristarchos, der bereits im Dritten vorchristlichen Jahrhundert das erste heliozentrische Weltbild formulierte – eine Idee, die erst 1.800 Jahre später wieder aufgegriffen und bewiesen wurde!

Doch genug der Vorschusslorbeeren! Jetzt lasst uns auf die Reise gehen. Mit im Gepäck die drei Inschriften auf dem Tempel des Orakels von Delphi, genannt die drei apollonischen Weisheiten: „Gnothi seauton“ (γνῶθι σεαυτόν) „Erkenne Dich selbst!“, „Meden agan“ (Μηδὲν ἄγαν) „Nichts im Übermaß!“ und „Ei“ (Εἶ) „Du bist“.
Quellen: Thomas Schröder, „Samos“, Michael Müller Verlag; „Samos“, Dumont direkt; Jost Herbig, „Ionische Reise“; reise-zikaden-de.
Ein interessanter Artikel über die schöne Insel Samos, vielen Dank dafür.
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Gern geschehen.
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Ui! Ich bin gespannt. 🤩 Nachdem ich die Korfu-Tagebücher bereits verschlungen habe, freue ich mich auf Samos.
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Zu recht. Es wird wieder einiges geboten!
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