Korfiotisches Kaffee-Tagebuch II: eine verlorene Bar und eine trockene Tankstelle

In dieser Geschichte passiert nichts. Absolut nichts. Also, nicht ganz nichts, aber wenn etwas passiert, dann nicht das, was normal passieren müsste. Beim Tanken.

Normalerweise ist Tanken auf griechischen Inseln kein Problem. Es gibt genügend Tankstellen. Manche in der Stadt, in den Orten, an den Landstraßen und andere an Orten, die so verlassen wirken, dass man sich fragt, wie man hier ein Geschäft machen kann. So ist es auch auf Korfu. Nur im weniger touristischen Norden und im schwerer zugänglichen Bergland, nimmt die Tankstellendichte spürbar ab. Weshalb ich, bevor ich mich in die Berge traue, auch noch einmal volltanken wollte.

Daher kam mir eine Tankstelle an der Küstenroute von Ipsos nach Kassiopi gelegen. Wobei Küstenroute irreführend ist. Die Straße geht nämlich nicht am Meer entlang, sondern windet über Kämme, passiert Schluchten, lässt den Blick auf ein paar Buchten und Strände frei, ohne sie zu erreichen und durchquert einige Dörfer, die sich in die steilen Berghänge einkrallen. Dieser Weiler heißt Salamina und besteht aus einer Shell-Tankstelle gegenüber einer Werkstatt und einem Kafenio, genannt „Lost Bar“.

Ich fahre also an die Tankstelle, klappe den Rollersitz hoch und schraube den Tankdeckel ab. Getankt wird in Griechenland nicht selbst, denn das erledigt der Tankwart für einen. Allerdings nicht dieser, was nicht an ihm liegt, sondern daran, dass bei der Tankstelle gerade der Strom ausgefallen ist. Etwa zehn Minuten müsse ich warten. Wo man denn hier einen Kaffee bekommt, frage ich ihn und er deutet über die Straße.

Ich lasse den Roller einfach an der Zapfsäule stehen und schlendere über die Straße. Im Kafenio suche ich mir einen Platz mit Blick auf die Tankstelle. Trotz des modernen Namens „Lost Bar“ ist das hier ein eher traditionelles Dorfkaffee, dessen Bar und Kasse im Inneren eher wie ein Kiosk mit begrenztem Warenangebot aussieht. Am anderen Ende sitzen zwei Einheimische. Vermutlich diskutieren sie über die politische Lage. Ein Rollerfahrer kommt vorbei. Mich fasziniert die elegante Art, mit der er praktisch im Anhalten und noch während der Fahrt mit dem linken Fuß den Ständer rausklappt. Er bleibt nicht lange, holt sich nur einen Frappé zum Mitnehmen in einem der unvermeidlichen Plastikbecher.

Ein Greis schlurft langsam herbei. Er lässt sich viel Zeit auf den letzten Metern. Wer weiß, wie langer er schon von seinem Haus aus hierher unterwegs ist. Seine Energie reicht genau bis zum ersten Stuhl auf der Terrasse, den ihm die herbeigeeilte Wirten heranschiebt. Ein Bier hat sie schon dabei. Offensichtlich ein Stammgast. Der Greis und die beiden anderen unterhalten sich über mehrere Tische hinweg, eine Szene, wie sie tagtäglich in vielen Cafés überall auf der Welt ablaufen könnte. Was nicht abläuft, beziehungsweise läuft ist Benzin.

An der Tankstelle hat sich nichts getan. Ich laufe wieder zurück, der Tankwart begrüßt mich mit einem Achselzucken. Wo die nächste Tankstelle sei? In Kassiopi, meint er. Das ist nicht tragisch, denn bis dahin reicht mein Tank auf jeden Fall. Nur meine Reiseplanung verändert sich gerade. Aber auch das mach mir nichts aus. Von der Kurve neben der „Lost Bar“ mache ich noch ein Foto von der nächsten Bucht. Irgendwo dahinten liegt eines meiner anderen Ziele, Kalami und das Weiße Haus der Durrells. Der Pantokrator muss noch warten…

Der nächste Warte-Kaffee an der Tankstelle geht auf Dich?

Sehr gerne! Lass uns den nächsten Kaffee-Moment gemeinsam erleben. Wenn Dir mein Blog gefällt, dann freue ich mich über ein Trinkgeld!

3,50 €

4 Gedanken zu “Korfiotisches Kaffee-Tagebuch II: eine verlorene Bar und eine trockene Tankstelle

  1. Eine Frage stellt sich mir hier gleich: Sprechen denn auch in den entlegeneren Gegenden die Leute Englisch oder Kaffee bestellen und tanken klappt auch mit Händen und Füßen?
    Ich erinnere mich an Albanien und mit Englisch kommt man in Tirana bei der jungen Generation sehr weit. Manchmal spricht im Hinterland jemand Englisch, manchmal Italienisch, oft Griechisch (das ich aber leider nicht spreche). Jedoch wird bei Problemen immer jemand organisiert, der deine Sprache spricht.

    Gefällt 1 Person

    1. Ja, die meisten sprechen Englisch. Das mag auch daran liegen, dass in den Nachrichten oft Beiträge mit englischem Originalton und griechischen Untertiteln eingespielt werden. Außerdem laufen im griechischen TV auf mindestens zwei Sendern jeden Abend aktuelle Blockbuster in Originalfassung. Tanken und Kaffee-Bestellen kann ich auf Griechisch. Der Rest geht auf Englisch. Und wenn nicht, dann halt Gesten.

      Gefällt 2 Personen

      1. Ach, das ist ja klasse. 😃 Ich habe mal gelesen, dass es ein deutsches Phänomen ist, Filme zu übersetzen. In Norwegen/Schweden zB werden die Filme auch im Original mit Untertitel gezeigt. Noch ein paar Aufenthalte mehr und dein Griechisch wird immer besser. 😃

        Gefällt 1 Person

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..