Toms Kaffee-Moment: FM4 – der Sound zum Kaffee

Wenn ich ohne Fahrgast im Taxi sitze, dann läuft meistens FM4. So kommt es, dass FM4 auch der natürlich Sound zu meinen Kaffee-Momenten ist. Dass es gerade dieser Sender ist, hat mehrere Gründe.

Meine Liebe zu Privatradios begann zur Zeit der Piratensender. Mein damaliger Lieblingssender – Radio C, hundereinskommaeins auf UKW! – sendete aus Südtirol nach Bayern. Die Werbung wurde anfangs vom Moderator persönlich verlesen und es konnte auch schon einmal passieren, dass eine Neuerscheinung so gut gefiel, dass die ganze Sendung nur dieses eine Lied wiederholt gespielt wurde. Den Hörern gefiel es.

Der Weg zu den Moderatoren war kurz. Damals gerade ein großer Hit war „Live is life“ von der österreichischen Gruppe Opus. In der Klasse hatte ich angekündigt, mir beim Sender das Lied zu wünschen. Den Anruf hatte ich vergessen, das Lied kam trotzdem, angekündigt als Wunsch eines ganz besonderen Hörers. Meinem Standing in der Schule hat da sehr gut getan, galt ich doch als der Mann mit den Kontakten zur Piratenfunk-Szene…

Dann kam die Frequenzfreigabe und damit das große Drängeln in der Radiolandschaft. Mein lange Zeit favorisierter Sender, Radio Energy, wurde mir irgendwann zu einfarbig, der Nachfolgesender M94,5, dem Aus- und Fortbildungsradio aus München, verlor 2017 seine Frequenz, damit Rock Antenne eine zusätzliche hat – eine höchst zweifelhafte Entscheidung. Web-Radio ist nun mal doch etwas anderes, als „echtes“.

Gott sei Dank kam ich dann auf FM4, dem Nachfolgesender von Blue Danube Radio, den ich früher schon vereinzelt gehört hatte, vor allem dann, wenn es mich mal nach Süden verschlagen hatte. Erfrischend anders war immer, dass hier noch „echte“ Radioleute am Werk waren. Blue Danube Radio war hauptsächlich englischsprachig zu einer Zeit, in der es hierzulande noch den Amysender AFN gab, auch ein geliebter Sender.

Zwar versteht sich FM4 als der Jugendkulturradiosender des Österreichischen Rundfunks ORF, doch bleibt er dabei erfreulich neutral. Bei dem bayerischen Pendent egoFM hatte ich das Gefühl, dass mir der Moderator oder die Moderatorin ständig nur eines sagen will: „Du bist zu alt für diesen Sender, Mann!“ Bei FM4 habe ich dieses Gefühl nicht, was auch daran liegen kann, dass einige der Moderatoren inzwischen alte Säcke sind, wie auch ich einer bin. Aber es sind alte Säcke, die noch gelernt haben, wie man Radio macht! Und, dass man nicht ständig in die Songs reinmoderiert!

Habe ich einen Fahrgast, dann ist mein Radio meistens aus. Ausnahmen gibt es bei wichtigen Ereignissen, Fußballspielen, der Bundeliga-Konferenz oder bei Ereignissen mit elementarer Bedeutung, wie Katastrophen und so weiter. Und, zumindest vor Corona und als wir noch ein ausgeprägtes Nachtleben hatten, Sonntag in der Früh. Da wird das Taxi zum Straßenreiniger. Schließlich fährt man die Feierbanane vom Odeonsplatz bis zum Sendlinger Tor ab und sammelt alles ein, was nach hause will – oder muss.

Am liebsten allerdings waren mir die Gäste von Charly, einem Club in Untergiesing. Denn mit den Leuten gab es nie Ärger, da die mit guter Laune aus dem Laden kamen. Um den Schock durch plötzliches Tageslicht und realer Welt zu mildern, lief bei mir eigentlich immer FM4. Ich erinnere mich an ein Pärchen, dass sich gerade im Charly kennengelernt hatte und nun zu ihm fahren wollte. Unterwegs wurde an der Tanke noch Frühstück gekauft. Im Radio lief die FM4 Morning Show mit meinem absoluten Lieblingsmoderator Stuart Freeman, ein Radiomann durch und durch.

Mein Fahrgast meinte, Moment mal, wo sind wir hier eigentlich? London? New York? Jedenfalls schien FM4 gerade den perfekten Sound für ihre Romanze zu bieten. Später einmal habe ich einen Wiener gefahren, der nach eigenem Bekunden regelmäßig mit Stuart Freeman zum Biertrinken geht. Er meint, der Mann sei genau so, wie er klingt. Freeman ist immerhin schon 67 und macht immer noch Jugendradio. Der Moderator aus England, der 2016 beim Österreichischen Radiopreis als bester Moderator ausgezeichnet wurde, schrieb für das „Blues and Soul“-Magazin und moderierte schon für AFN – American Forces Network – Blue Danube Radio und Swansea Sound. Ich hoffe, dass ich ihm eines Tages mal begegnen darf!

Seit 1994 moderiert Freeman nun die „Morning Show“ (bei Blue Danube Radio noch „Continental Breakfast“) mit wechselndem deutschsprachigem „Sidekick“ – und damit mein tägliches Highlight. Doch auch sonst sagt mir mein Lieblingssender FM4 „You’re At Home, Baby!“ zu mir. Wenn der Moderator ein gutes Duzend Jahre älter ist als ich, dann bin ich für diesen Sender gerade richtig!

Nachtrag: Mitten in diesen Beitrag platzte die Nachricht von FM4-Mitbegründer Martin Blumenau. Der ausführliche Nachruf steht hier! 

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You’re At Home, Baby!

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4 Gedanken zu “Toms Kaffee-Moment: FM4 – der Sound zum Kaffee

      1. Yepp. Sollte nichts dazwischen kommen, fahre ich mit Berr-Reisen am 15.09. um sechs Uhr früh nach Limone sul Garda. Würde mich freuen, wenn du mich um halb Sechs am Taxistand Barerstraße 47 aufgabeln würdest. 😉

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