American Style Cookies, oder: Kekskauf unter Lebensgefahr!

Ich tue den Keksen gerade Unrecht. Die American Style Cookies der Edeka-Eigenmarke Gut & Günstig sind lecker. Mürbteigkekse mit viel Schokolade – 29% Zartbitter und 11% Vollmilch – in leckeren Stückchen. Ein feiner Begleiter zu meinem Nachmittagskaffee. Doch leider verblassen die Kekse hinter dem Drama ihres Erwerbs. Hatte ich Euch nicht noch eine Einkaufsgeschichte versprochen? Hier ist sie!

Es war an einem Samstag. Nach meiner Taxischicht wollte ich auf dem Heimweg noch schnell bei Edeka einkaufen. Vielleicht wäre die Geschichte anders ausgegangen, hätte ich nicht den Mann von der Security, der oben den Eingang und die Einhaltung der Maskenpflicht überwacht, so freundlich gegrüßt. Ich mache das gerne und schon seit Jahren. Ich grüße Kassiererinnen, Rezeptionisten, Torwächter, Security, Einweiser und so fort. Diesmal sollte sich das auszahlen.

Dank Einkaufsliste ging der Einkauf schnell vonstatten. Auch die Kekswahl viel mir leicht. Dann näherte ich mich der Kasse. Vor mir ein Pärchen, etwa Mitte, Ende 30. Vielleicht war ich für einen kleinen Augenblick unaufmerksam. Vielleicht war es auch der anstrengenden Taxischicht geschuldet, dass ich unkonzentriert war. Oder vielleicht lag es daran, dass ich zu sehr auf die richtige Reihenfolge der Waren auf dem Band fokussiert war, regelmäßige Leser wissen schon, worauf es dabei ankommt! Vielleicht war ich dem Pärchen für einen Augenblick zu nahe gekommen. Jedenfalls nahm die Tragödie unaufhaltsam ihren Lauf.

Was war passiert? Der Kunde an der Kasse schien fertig zu sei, das Pärchen vor mir rückte vor und ich begann meine Waren in der zwingenden Reihenfolge auf das Band zu laden. Allerdings war besagter Kunde noch nicht fertig mit einpacken, weshalb das Pärchen so zu sagen auf ihn auflief. Also gingen sie wieder zurück, wo nun ich stand und Waren auf das Band schichtete. Was ich nicht tat, war mich aufzulösen oder ebenfalls zurück zu weichen. Ich schichtete. Dann sprach mich der Mann an:

„He! Sie müssen Abstand halten!“

„Abstand halten! Abstand halten!“, schrie die Frau. Ich murmelte nur etwas von „Machen Sie es doch bitte nicht komplizierter, als es eh schon ist!“, was dem Pärchen nicht zu genügen schien. In ihren Augen hatte ich den coronabedingten Mindestabstand sträflich unterschritten. Fun-Fakt: der erwähnte Kunde hatte fertig eingepackt und war gegangen. Die Geschichte hätte hier zu Ende sein können. War sie aber nicht. „Sie müssen sich an den Abstand halten!“, belehrte mich der Mann. „Abstand halten! Abstand halten!“, krisch die Frau. „Halten sie den Abstand ein!“ sagte der Mann, der unbegreiflicher Weise viel zu nah vor mir stand. Die Frau ließ ihren rechten Arm über einer gelben Linie neben der Kasse pendeln: „Sie dürfen diese gelbe Linie nicht überschreiten!“, krächzte sie.

Das war nun gleich in mehrfacher Hinsicht unsinnig. Erstens gibt es in Deutschland kein Gesetz, dass das Überschreiten von gelben Linien generell verbietet. Zweitens hatte ich mich dieser Linie bisher noch nicht einmal ansatzweise genähert. Drittens ging es – wenn überhaupt – um die gelbe Linie, bei der ich regelkonform stand. Viertens hätten sie nur einfach auf den freigewordenen Platz nach der Kasse aufrücken können um den Abstand einzuhalten. Ich stehe ja gerne auch mal im Mittelpunkt. In diesem Fall versuchte ich allerdings das mir so unerwartet zuteil gewordene allgemeine Interesse an meiner Person zu ignorieren. Ich lud weiter meine Waren auf das Band.

So provokativ von mir ignoriert, wandten sie sich nun an die Kassiererin, die stoisch die Einkäufe des Paares über den Scanner zog. Mit erhobener Stimme und den Finger auf mich gerichtet intonierte der Mann: „Maßregeln sie den Herrn!“ unterstützt von einen nun im Falsett gekrischenem „DER MUSS DOCH ABSTAND HALTEN!“. Daraufhin wieder er zur Kassiererin: „SIE müssen hier für Recht und Ordnung sorgen!“ Die Angesprochene zog ungerührt die Waren durch den Scanner.

Da die Kassiererin nicht reagierte, sollte es nun der Mann von der Security richten. Ihr erinnert Euch, das war der Typ, den ich eingangs so nett gegrüßt hatte, wie ich das immer tue. „Wollen Sie nicht endlich einschreiten?“, wurde er gefragt. Er meinte nur: „wie wäre es, wenn Sie einfach mal weitergehen?“. In der Tat hatten die beiden ihren Einkauf bereits abgeschlossen und blockierten die Kasse. So schmählich vom Personal im Stich gelassen verließen sie den Laden. Und ich überlegte mir ernsthaft, ob ich mir Kekse nicht zukünftig lieber online bestelle… Wie gesagt, die Kekse können nichts dafür. Aber auch gar nichts.

27 Gedanken zu “American Style Cookies, oder: Kekskauf unter Lebensgefahr!

  1. Ach ja, das sind mir die liebsten, ältere Ehepaare mit Gartenzwergen… genau mein Humor… aber vielleicht liegt es ja an dem urdeutschen Drang, andere zu maßregeln. Wer weiß das schon so genau… 🙂
    Auf jeden Fall ist doch alles gut ausgegangen. Und die Kekse müssten jetzt einen triumphalen Nachgeschmack haben, oder? 😉

    Und so ganz nebenbei, was lernen wir aus der Geschichte: Höflichkeit (Security-Mensch…) zahlt sich aus…

    Liebe Grüße
    Kasia

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  2. Ich bin mir zu 100% sicher, dass bei den derzeitigen Bestimmungen, die doppelte und dreifache Sicherheit und Hygiene gewährleisten niemand kreischen muss, wenn die 2 m für wenige Minuten unterschritten werden. Gut reagiert, Tom, und auch die Kassiererin und der Sicherheitsmann.

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  3. Ich glaube, die beiden haben einfach nichts mehr in ihrer Beziehung zu reden und freuen sich über jede selbst inszenierte Diskussion mit Außenstehenden. Ich sehe sie schon im Auto nachmurmeln: „Was war das denn für einer? Unmöglich der Kerl mit seinen Keksen.“ Sich über seine Mitmenschen aufzuregen, schafft auch wieder eine gewisse Verbundenheit. Vielleicht warst du der Auslöser, dass sie sich endlich mal wieder etwas zu sagen hatten? 😉

    Du warst also nur „Mittel zum Zweck“ um eine langweilig gewordene Beziehung anzuheizen.

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  4. Kann man hier nicht die StVO anwenden? Überraschend wieder zurückzutreten war das Fehlverhalten. Wer zurücksetzt, ohne vorher im Rückspiegel den vorhandenen Platz dafür zu prüfen, muss den Schaden zahlen, wenn er dem hinter ihm rechtmäßig parkenden Fahrer auffährt … 🤓

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