Frisch gestärkt geht es wie der Wind zur Inselhauptstadt Kérkyra. Die EO24, eine mehrspurige Bundesstraße, bringt mich in Minuten zur Stadtgrenze, entlang der Bucht von Kontokáli, der Nachbarbucht von Gouvia im Norden und Kérkyra im Süden. Bald kommt man an eine Kreuzung. Hier muss man sich entscheidem: links geht es zum Hafen und zur neuen Festung, geradeaus Richtung Zentrum, Flughafen und alle südlichen Ziele. Wir halten uns für einen ersten Besuch der Stadt links. Hier geht es am Hafen vorbei Richtung Altstadt. Allerdings scheitert man hier alsbald an der Einbahnstraßen- und Fußgängerzonen-Regelung. Macht nichts! Während des Umweges, den wir nun fahren müssen, werfen wir einen Blick in die korfiotische Geschichte.

Ganz im Gegensatz zu Kos, die Insel, die ich letztes Jahr bereist habe, gibt es hier kaum Zeugnisse der klassischen griechischen Zeit. Bekannt ist, dass hier vor etwa 734 v. Chr. von Korinthern die Stadt Korkyra gegründet wurde. 144 Jahre später wurde ein Artemis-Tempel erbaut, von dem heute noch Reste existieren.
Entscheidend für den Werdegang Korfus ist die strategische Lage der Insel: im Nordosten nähert sie sich bis auf zwei Kilometer an die albanische Küste an, während man im Südosten nach Nordgriechenland blickt. Richtet man den Blick gen Westen, dann wartet hinter dem Golf von Korfu in etwa 200 Kilometern Entfernung Absatz des italienischen Stiefels.

Die Nähe zu Italien sollte das Schicksal der Insel maßgeblich mitbestimmen. Bereits 220 v. Chr. unterwarf sich Korfu als erste griechische Stadt dem römischen Reich. In der Folge entwickelte sich hier reger Tourismus reicher römischer Bürger. Als 600 Jahre später das römische Reich zerbrach wurde die Insel Byzanz zugeschlagen. Nach einem kurzen Intermezzo unter dem normannischen König von Sizilien Ende des 12. Jahrhunderts, riss sich Venedig Korfu unter den Nagel und blieb für fast 600 Jahre.
Zu Beginn der Neuzeit widersetzten sich die Ionischen Inseln erfolgreich dem Zugriff des Sultans Mehmet II. Tatsächlich wird Korfu nie von den Osmanen erobert und unterworfen. 1797 und 1807 geht die Insel an Frankreich, unterbrochen von einer kurzen Zeit der Selbstverwaltung. Die Franzosen entwickeln ein rege Bautätigkeit, werden aber schon 1809 von den Briten abgelöst, die bis 1864 bleiben.

Von nun an bleibt die Insel ein Teil Griechenlands, von einer Besatzung 1941 durch die Italiener abgesehen. 1943 zerstörten wechselweise die deutsche Luftwaffe und die Bombergeschwader der Alliierten etwa ein Drittel der Stadt, die seit 2007 ein Weltkulturerbe der Unesco ist. Das war’s erstmal von Geschichte. Allerdings ist dieses Wissen Hilfreich, wenn man die Altstadt von Kérkyra, beziehungsweise Korfu-Stadt, begreifen möchte.
Schließlich dürfte – die Helenen mögen mir die Worte verzeihen! – Kérkyra die italienischste Stadt Griechenlands sein. Doch auch die Franzosen und Briten haben ihre Bauwerke hier hinterlassen. Für einen ersten Besuch aber belassen wir es mit dem ehemaligen Exerzierplatz der britischen Garnison, dem Spianada, auf dem heute noch Cricket gespielt wird.

Richtung Meer blickt man hier auf die alte Festung, ein öffentlicher Park und der kleine Boschetto-Garten ergänzen das Ensemble. Im Rücken hat man dann die Altstadt, genauer gesagt den Liston, eine steingewordene Kaffeehausmeile mit Arkaden aus der kurzen französischen Besatzungszeit und den levantinischen Grand Cafés. Hier suche ich das Eck-Café Session auf, weil ich hier noch ein paar Sonnenstrahlen abbekomme. Schließlich sagt der Wetterdienst für morgen Regen voraus.


Zurück in Gouvia wollte ich für den Abend eine korfiotische Spezialität ausprobieren, Sofrito, ein in Wein mit Knoblauch geschmortes Kalb- oder Rindfleisch. Die Taverne sah aus, wie die Palastkantine von Atlantis und stellte so den ersten Angriff auf den guten Geschmack dar. Was soll’s, ich habe Urlaub. Dass mir zum weichgeschmorten Kalbfleisch ein Steakmesser mitserviert wurde, zeigte mir, dass nicht einmal der Koch seinen Künsten zu vertrauen schien.

Das Misstrauen war berechtigt: statt einer korfiotischen Spezialität erwies sich DIESES Sofrito als kaum genießbaren Kantinenfraß. War der Koch in Urlaub? Warum legt er so wenig Wert auf ein korfiotisches Nationalgericht? Das Bier war noch das beste an diesem Abendessen – und der Ouzo, den ich dringend nötig hatte. Ich habe das Gericht daheim inzwischen nachgekocht. Es geht also auch in Lecker.
Morgen gönnen wir uns erstmal ein schönes, griechisches Frühstück in einer traditionellen Bäckerei in Gouvia.
Ach guck an, das Deko Fahrrad steht immer noch an der Ecke. An jenes kann ich mich auch noch erinnern (09.10.2019/ https://tausendkilometer.wordpress.com/2019/10/09/urlaub-adria-09-10-2019/ ). Übrigens, diese Straße hoch hatte ich einen vorzüglichen Espresso. Nicht damit wir vom Thema abkommen. *lach*
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Ja, das Fahrrad steht noch da und der Kaffee ist immer noch sehr gut da. Am Wochenende schreibe ich meinen Artikel über das Achilleion. Das bedeutet der kommt Anfang November. Und Kaffee gab’s da auch!
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