Bis zur Jahrtausendwende galt die Regel: Espresso trinkt man im Café, Filterkaffee macht man zuhause. Mit der Verfügbarkeit erschwinglicher Espressomaschinen verlagerte sich die Herstellung von Kaffeespezialitäten in die heimische Küche. Gleichzeitig stieg die Nachfrage nach guten Kaffee und Alternativen zur „Mitropa-Kaffeemaschine“.
Grob unterteilt man heute die Entwicklung der Kaffeegewohnheiten in die Wellen. Die erste Welle beinhaltet alle klassischen Zubereitungsarten: Mocca, Aufguss, Aufkochen, Filterkaffee, French Press, aber auch Mocca aus der Bialetti oder Kaffee aus der Santos. Mit den Espressomaschinen begann die zweite Welle, die, im Vergleich zur ersten, schon bedeutend kürzer vorherrschend war. Inzwischen hat uns die dritte Welle erreicht. Typisch für die „Third Wave“ sind spärlich eingerichtete Coffeeshops, die Renaissance des Filterkaffees, aber auch die Entwicklung neuer Zubereitungsarten, wie den Cold Brew.
Mit dieser Welle schwappt aber auch einiges zu uns, was man durchaus kritisch betrachten kann: Kaffeeketten, die Turnierpackungen mittelmäßigen Kaffees für teuer Geld verkaufen und dabei angestammte Cafés aus den Innenstädten drängen und die Unsitte des „Coffee to go“, ein Getränk, das früher einfach „Kaffee zum Mitnehmen“ hieß und nur im Ausnahmefall – Reise, Autopanne oder Zug verpasst – gekauft wurde, heute aber im umweltfeindlichen Pappbecher zum Modegetränk stilisiert wurde – oder anders formuliert: teurer Kaffee und Müll ohne Not.
Doch es gibt auch Gutes! Schlicht und im nordischen Stil eingerichtete Cafés mit motivierten Baristi, leckerem meist selbst gebackenem Kuchen und eine neue Kaffee-Szene mit viel Platz für Individualisten. Kaffeeköche, die Kaffee und Wasser bis aufs Gram abwiegen und die das beste Beispiel dafür sind, dass gut Ding eben manchmal dauert. Und eine Sensibilisierung der Kunden für Wertigkeit, Fairen Handel, ökologischen Anbau und soziale Projekte. Die dritte Welle kann mehr als nur „Vanilla Macchiato Medium to go“!
Titelbild: „Zu den blauen Flaschen“, Altwiener Kaffeehausszene, etwa 1900, gemeinfrei. Bild Coffeenewstom; Quellen: Wikipedia, „Das Wiener Kaffeehaus“, Birgit Schwanner, K.-M. Westermann, Pichler Verlag, „Das Wiener Kaffeehaus“, Goldmann Austriatica, „Kaffee und Kaffeehaus“, Ulla Heise, Komet.