Kleine Kaffee-Kulturgeschichte XIV – Das Künstler- und Literaten-Café

Im Wien der Jahrhundertwende behauptete das Kaffeehaus nicht nur Platz als gesellschaftliche Institution, es war auch Sammelpunkt für Kunstschaffende, vor allem der Literaten. Das führt so weit, dass man von einer Zeit der Kaffeehaus-Literatur und folgerichtig von Kaffeehaus-Literaten spricht. Die Liste der so bezeichneten Schriftsteller ist lang. Dabei ging es nicht nur um den Austausch der Künstler untereinander. Offenbar fanden viele im Kaffeehaus ideale Arbeitsbedingungen zum Schreiben vor.

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Wichtige Treffpunkte der Wiener Künstlerwelt waren das Café Griensteidl bis es 1897 geschlossen wurde, das von Adolf Loos gestaltete Café Museum und besonders nach dem Ersten Weltkrieg das Café Herrenhof. Eine sicherlich herausragende Stellung hat das Café Central, über das der Schriftsteller Alfred Polgar schrieb: „Das Central ist nämlich kein Caféhaus wie andere Caféhäuser, sondern eine Weltanschauung […] Seine Bewohner sind größtenteils Leute, deren Menschenfeindlichkeit so heftig ist wie ihr Verlangen nach Menschen, die allein sein wollen, aber dazu Gesellschaft brauchen […] Die Gäste des Central kennen, lieben und gering schätzen einander […] Es gibt Schaffende, denen nur im Central nichts einfällt, überall anderswo weit weniger.“

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Zum Stammpublikum der Wiener Kaffeehäuser gehörten die Schriftsteller Alfred Adler, Peter Altenberg, Hermann Bahr, Richard Beer-Hofmann, Hermann Broch, Egon Friedell, Hugo von Hofmannsthal, Karl Kraus, Anton Kuh, Robert Musil, Leo Perutz, Ernst Polak, Alfred Polgar, Joseph Roth, Felix Salten, Arthur Schnitzler, Friedrich Torberg und Franz Werfel, aber auch Maler, wie Gustav Klimt, Egon Schiele und Oskar Kokoschka, die Architekten Adolf Loos und Otto Wagner und die Komponisten Franz Lehár und Alban Berg. In Berlin bildeten das „Romanische Café“ und das „Größenwahn“ die wichtigsten Künstler- und Intellektuellentreffs. Dort verkehrten unter anderem Stefan Zweig, Erich Kästner, Ernst Deutsch, Gottfried Benn, Joachim Ringelnatz, Irmgard Keun und Grete Mosheim, Billy Wilder und Erich Maria Remarque.

 

Titelbild: „Zu den blauen Flaschen“, Altwiener Kaffeehausszene, etwa 1900, gemeinfrei. Bild „Im Wiener Café Griensteidl vor 1897“, Foto für die Illustrierte „Die vornehme Welt“, Blickfänge einer Reise nach Wien – Fotografien 1860-1910. Ausstellungskatalog des Wien Museum 2006, Carl von Zamboni/gemeinfrei/Wikipedia.com, Bild „Neues Romanisches Haus“, auch „Romanisches Haus II“, in Berlin-Charlottenburg, am Auguste-Viktoria-Platz (Breitscheidplatz) östlich der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche; erbaut 1900-1901 nach Entwurf des Architekten Franz Schwechten; Aufnahme wohl kurz nach der Fertigstellung, Edgard Haider: Verlorene Pracht. Geschichten von zerstörten Bauten, Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2006, S. 162, gemeinfrei, Wikipedia.com; Quellen: Wikipedia, „Das Wiener Kaffeehaus“, Birgit Schwanner, K.-M. Westermann, Pichler Verlag, „Das Wiener Kaffeehaus“, Goldmann Austriatica, „Kaffee und Kaffeehaus“, Ulla Heise, Komet.

 

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