Osterferien – und wir müssen daheim bleiben. Mit Verreisen ist ja wohl erstmal eher nichts. Aber davon lassen wir uns die Ferienlaune nicht verderben. Wenn wir nicht selbst in die Ferne schweifen können, dann machen wir es wenigstens in Gedanken. Denn die sind ja bekanntlich frei! Also verreisen Sie mit mir an einige der schönsten Kaffee-Orte Europas!
Wie viele europäische Metropolen hatte auch Prag seine Gründerzeit im 19. Jahrhundert. Zu Zeiten der k.u.k. Monarchie übernahm man nicht nur den vorherrschenden repräsentativen Baustil aus Wien, sondern auch die klassischen Kaffeehäuser jener Zeit. Prags Kaffeehaus-Gesellschaft blühte vom späten 19. Jahrhundert bis in die 1930er Jahre, als sich die Cafés der Stadt als Treffpunkte für Künstler, Schriftsteller, Journalisten, Aktivisten, Exilanten und politische Dissidenten anboten.
Viele Kaffeehäuser verfielen nach dem Zweiten Weltkrieg, etwa ein Dutzend allerdings überlebte und wurde in jüngerer Zeit aufwendig restauriert und renoviert. Und so erstrahlen einige von ihnen heute wieder in neuem, alten Glanz. Einen Eindruck davon vermittelt uns das Kavárna Obecní dům im Prager Zentrum am Platz der Republik neben dem Pulverturm. Denn „die gute alte Zeit“ war nicht nur die Zeit prächtiger Bauten, sondern auch die Blüte des Kaffeehauses. So zeugt das Café im Erdgeschoss des Gemeindehauses von der längst entschwundenen Pracht einer vergangenen Epoche.
Das Gebäude wurde an der Stelle des 1904 abgerissenen ehemaligen Königshofes von 1906 bis 1912 errichtet. Der Königshof war von Wenzel IV. um das Jahr 1380 als Residenz errichtet worden. Als einziger Bestandteil des Königshofes ist heute noch der Durchgang zwischen Gemeindehaus und Pulverturm über die Celetná-Straße erhalten. Die Stadt Prag veranstaltete nach dem Abriss einen Architektenwettbewerb, welchen Antonín Balšánek und Osvald Polívka gewannen. Ihr Stil steht am Übergang zwischen Historismus und Jugendstil.
Das Obecní dům, das Gemeindehaus oder Repräsentationshaus, spielt auch in Prags Geschichte eine wichtige Rolle: am 28. Oktober 1918 wurde hier die Gründung der Tschechoslowakischen Republik ausgerufen. Im November 1989 fand hier im Zuge der Samtenen Revolution das erste Treffen zwischen der kommunistischen Regierung und den Vertretern des Bürgerforums mit Václav Havel an der Spitze statt. Von 1994 bis 1997 wurde das Gebäude aufwendig saniert. So präsentiert die Kavárna Obecní dům heute wieder in ihrer verschwenderisch anmutenden Jugendstil-Pracht.
Im elegant-verspielten Jugendstilambiente werden neben Sandwiches, Salaten und anderen kleinen Köstlichkeiten auch Desserts und Kuchen aus eigener Konditorei serviert. Dabei mischt Restaurantleiter Jaroslav Hájek, Inhaber vieler gastronomischer Auszeichnungen, internationale Küche mit böhmischen Elementen.
Unbestritten ist, dass das Obecní dům eines der schönsten Jugendstil-Kaffeehäuser in Europa ist. Zur Einrichtung gehören unter anderem die renovierten Original-Kronleuchter von František Křižík. Und auch weitere Teile der Ausstattung sind Stücke aus dem Jahr 1912, als das Repräsentationshaus eröffnet wurde. Andere, zum Beispiel die Stühle und Sessel, sind originalgetreue Repliken.
So tauchen wir heute ein in eine vergangen geglaubte Welt, die Welt der üppigen Kaffeehäuser, die aber gerade in den letzte 30 Jahren eine erstaunliche Renaissance in Prag erlebt. Und daran ist das das Obecní dům im Gemeindehaus bestimmt nicht ganz unschuldig.
Morgen geht es noch einmal in die Schweiz. Hier geht es zurück nach Olbia!
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