Während gestern die Gäste im Bosch sehr gerne gesehen werden wollen, ziehen die Gäste im Café Gran Hotel die Ruhe vor. Denn während im Bosch nur wenige Schritte entfernt rege Betriebsamkeit herrscht, genießt man im Café Gran Hotel die Stille. Wen es hierher verschlagen hat, der möchte in Ruhe bei einer Tasse Kaffee seine Zeitung lesen. Und das, obwohl das ehemalige Grand Hotel in Palma zu den am häufigsten fotografierten Gebäuden der Insel zählt. Schließlich ist der vom Architekten Lluís Domenec i Montaner 1901 entworfene Bau an der Plaça Weyler ein Musterbeispiel für den katalonischen Jugendstil, genannt „Modernisme“, die Moderne.
Schaut man genauer hin, dann sind Stadt und Insel voll von Häusern aus dieser Stilepoche. Bürger in Katalonien und auf den Balearen, die durch Handel, Industrie oder im Ausland reich geworden waren, beauftragten Künstler und Architekten wie Antoni Gaudí i Cornet, Gaspar Bennàssar, Francesc Roca, Jaume Alenyar und Guillem Reyné mit der Gestaltung ihrer Bauten – die damalige Crème de la Crème‘ der spanischen Avantgarde. So kommt es, dass die Balearenhauptstadt gespickt ist mit Häuserm, deren Fassaden mit geschwungenen Formen, mythischen Motiven, bunten Farben und verspielten Kachel-Ornamenten beeindrucken. Als Bespiel für dies abwechslungsreiche Architektur habe ich bereits das Hostal Cuba beschrieben.
Das Gran Hotel selbst hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Schließlich engagierte man für dessen Gestaltung den preisgekrönten Architekten Lluís Domenec i Montaner. Dieser hatte 1888 für die Weltausstellung in Barcelone in nur 53 Tagen das Grand Hotel International errichtet. Damit gilt er als einer der Mitbegründer der modernistischen Architektur und Kunst. Die Eröffnung des Gran Hotels am 9. Februar 1903 als erstes Luxushotel der Stadt Palma de Mallorca – ein Ausdruck eines neue entstandenen Selbstbewusstseins der mallorquinischen Oberschicht.
„Besitzer kamen und gingen, in den 40er Jahren wurde es geradezu schandvoll umgebaut, wobei speziell im Erdgeschoss Säulen und die transparente Fassade zugemauert wurden. Ausgerechnet eine Bank, die La Caixa, erbarmte sich, ließ das Haus an der Plaça Weyler Jahrzehnte später nach alten Plänen wieder instand setzen und eröffnete das Gran Hotel 1993 im neuen ‚alten‘ Look wieder. Heute beherbergt es die Räumlichkeiten der Caixa-Stiftung, ein Museum für zeitgenössische Kunst, eine Buchhandlung und eben jenes Café-Restaurant, wo man – dem Umbau vor zwanzig Jahren sei Dank – durch eine große umlaufende Glasfront von allen Bereichen des Restaurants und der angeschlossenen Bar das Geschehen auf der Straße und auf den Terrassen beobachten kann“, weiß die deutschsprachige Mallorca Zeitung zu berichten.
Schräg gegenüber ist übrigens das Fornet de la Soca, ein weit über Palma hinaus bekanntes Spezialitäten-Geschäft. Hier kann man sich für den Aufstieg in die Altstadt über die Costa del Teatre noch eine leckere Brotzeit besorgen. Denn in der Altstadt kann man sich, trotz Karte und Google-Maps, trefflich verlaufen… Ziel ist übrigens die Rösterei Mistral.
Café-Restaurant Hermen im Gran Hotel, geöffnet Mo-Sa 9-21 Uhr, So 10-14 Uhr.
Plaça de Weyler, 3, Palma.
Quellen: Mallorca Zeitung, Wikipedia, Mallorca erleben.