Geschmäcker und Vorlieben ändern sich. Das gilt für Menschen, wie für Länder. Der Deutsche Kaffeeverband sieht im Kaffeekonsum der Neuzeit eine Entwicklung in drei Wellen. Nach dieser Lesart befinden wir und gerade Third Wave of Coffee, also der dritten Welle.
Es gab eine Zeit, wo undefinierbare Pulver in metallenen Tiegeln zu einer Art schwarzem Brei verkocht wurden und man das Kaffee nannte. Später überließ man diese Art der Zubereitung Afrikanern, Türken, Griechen und anderen Bewohnern des Balkans oder von noch weiter Weg. Spätestens seit Frau Melitta ihre Filtertüten verbreite war kultivierter Kaffee immer ein Filterkaffee. In den 1950er-Jahren entwickelte sich deshalb der Filterkaffee in Deutschland mit der ersten Welle des Kaffeegenusses auch zum Volksgetränk.
Eine Zubereitungsart, die im Rest der Welt als „typisch deutsch“ bekannt ist, und von der sich der Deutsche auch nicht trennen mag. Bis heute trinken zwei Drittel gerne und regelmäßig Filterkaffee, vor allem in den neuen Bundesländern. Es stammen aber auch weitere deutsche Eigenarten aus der Zeit der ersten Welle, wie etwa „Cappuccino“ mit Sahne oder „draußen nur Kännchen“. Während hierzulande ein eher einfallsloses Kaffee-Angebot vorherrschte, war man beim österreichischen Nachbarn schon weiter. Denn dort konnte man schon lange wählen zwischen einem „großen Braunen“, einem „kleinen Braunen“, einem Kapuziner, einer „Melange“, einem „Verlängerten“ oder einem „Einspänner“, sowie Dutzenden von anderen Kaffee-Spezialitäten, wie dem „Überstürzten Neumann“, dem „Kaffee Biedermeier“ oder dem „Sperbertürken“.
Die seit den 1980er-Jahren einsetzende Popularität von italienischen Kaffeeklassikern wie Cappuccino, Latte Macchiato, Caffè Latte und Co. ist kennzeichnend für die sogenannte zweite Welle. Fortan eroberten aufwendige italienische Espressomaschinen die Cafés und verdrängten den typisch deutschen Vorgänger fast vollständig von der Karte. Inzwischen ist das Kaffee-Angebot zumindest aushäusig fest in italienischer Hand. Mit der Einführung kompakter und erschwinglicher Espressomaschinen für den Hausgebrauch fand die italienische Art der Kaffeezubereitung auch Einzug in die deutsche Küche.
Derzeit befinden wir uns mitten in der Third Wave of Coffee, also der dritten Welle. Diese ist durch ein neues Bewusstsein für den Kaffeegenuss geprägt. Im Fokus stehen Themen wie Anbau, Sorten, Bohnenqualität, Röstung, Verarbeitung, Nachhaltigkeit, Gesundheit und die Art der Kaffeezubereitung. Die dritte Welle manifestiert sich in der Zubereitung von Kaffee mit besonderer Sorgfalt und Aufmerksamkeit für das Produkt. Dazu gehört beispielsweise der bewusste Einkauf von Kaffee aus bestimmten Ländern.
Auch haben sich neue Zubereitungsmethoden entwickelt, darunter Cold Brew und Nitro Coffee, aber auch der gute alte Filterkaffee feiert Renaissance, auch, wenn er jetzt auf „Pour over“ hört. So ist die Third Wave of Coffee ein bisschen wie die erste Welle, nur mit mehr Anglizismen und ständiger Verfügbarkeit der Produktpalette der „Seconda ondata“, der zweiten Welle. Während man im Nachbarland Österreich immer noch unverändert an der klassischen Riesenauswahl festhält. Reicht vielleicht ja auch.
Was mag als vierte Welle auf uns zukommen? Vielleicht ist nach Italien und den USA beziehungsweise Australien mal Asien dran als Influencer. Oder wir drehen das Rat der Zeit zurück, verkochen undefinierbare Pulver in metallenen Tiegeln zu einer Art schwarzem Brei und nennen das dann Kaffee. Wer weiß?
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